03. Januar 2022

LAZ reloaded an die Erstunterzeichnerinnen der Abschlusserklärung “150 Jahre § 218 StGB”

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihr(e) Organisation/Verband ist eine der ErstunterzeichnerInnen der Abschlusserklärung des am 27./28. August 2021 in Berlin stattgefundenen Fachkongresses „150 Jahre § 218 Strafgesetzbuch“. Als lesbisch-feministische Organisation „Lesbisches Aktionszentrum (LAZ) reloaded e.V.“ möchten wir unseren Dank ausdrücken, dass Sie an dieser wichtigen Thematik mitarbeiten. Auch wir stehen hinter der Gewährung voller reproduktiver Rechte für schwangere Frauen, die einen straffreien Schwangerschaftsabbruch ohne jegliche Repressionen, dafür mit bestmöglicher Unterstützung, gerade auch durch Sozialverbände, erhalten sollen.

Bei allen unseren Aktivitäten ist es uns besonders wichtig, Frauen und Mädchen als Gruppe hervorzuheben, sie sichtbar zu machen und darauf hinzuweisen, dass Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert werden. So auch bei § 218, der seit 150 Jahren Frauen und Mädchen unter Strafe stellt, die ihre Schwangerschaft jederzeit abbrechen wollen und dadurch viel Leid erzeugt hat und bis heute erzeugt.

Uns ist aufgefallen, dass in der Abschlusserklärung von „schwangeren Personen“, „Menschen die eine Schwangerschaft abbrechen“ und Schwangerschaft als eine „Erfahrung im Leben vieler Menschen“ die Rede ist. Nur ein einziges Mal wird der Begriff Frauen verwendet, versehen mit einem Sternchen.

Seit langem beschäftigen sich LAZ-Frauen mit einer gleichberechtigten Sprachentwicklung, aber auch mit den derzeitigen Auswüchsen derselben und den daraus resultierenden Folgen auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau im Sinne von Artikel 3 Abs. (2) Grundgesetz. Wir begrüßen dabei die Sichtbarmachung von Frauen, immerhin der Hälfte der Menschheit! Wir lehnen jedoch die neueren Sprachgepflogenheiten ab, die mittlerweile geeignet sind, den Begriff „Frau“ aus dem Sprachgebrauch zu entfernen.

Im internationalen Kontext beobachten wir extreme Wortschöpfungen wie „Körper mit Vagina“ (LANCET, Titelblatt, 25.09.21), „Menschenmilch“ und „Brustkorb-Füttern“ statt „die Brust geben“ (Die Tagespost vom 12.02.21), „Person, die ein Kind geboren hat“ (4W vom 15.10.21) u.v.m.

Was steckt aus unserer Sicht dahinter?
Unter dem Label LGBTIQ+ versammeln sich viele sogenannte Minderheiten. Wir als lesbische Frauen gehören einerseits dazu, stellen jedoch fest, dass wir seit einigen Jahren aufgrund von grassierenden misogynen Tendenzen in eben dieser „LGBTIQ+ Community“ und darüber hinaus weder gesehen noch unsere Stimmen gehört werden.

Nachdem es jahrzehntelange feministische Bemühungen gegeben hat, den patriarchalen Sprachduktus zu überwinden, sehen wir uns mit einem Rückwärtstrend konfrontiert, der den Begriff „Frau“ aus Sprache und Bewusstsein zu eliminieren versucht.

Das sicher positiv gemeinte Ziel einer sprachinklusiven Entwicklung, die Vielfalt abbilden soll, dreht sich unserer Meinung nach um und lässt die Frauen, welche doch zu dieser Vielfalt gehören, verschwinden!

Unser Anliegen ist es, Sie für diese negative gesellschaftliche Tendenz zu sensibilisieren. Wir bedauern, dass wir das wichtige Anliegen der Abschaffung des § 218 mit diesen Frauen exkludierenden Sprachregularien in der Abschlusserklärung nicht unterstützen können.

Wir fordern eine Umkehr dieser gewaltvoll zu nennenden Entwicklung gegenüber Frauen und Mädchen und kommen dazu gern mit Ihnen ins Gespräch.

Wenn Sie Interesse an einem Austausch haben, kontaktieren Sie uns bitte unter:
info@laz-reloaded.de oder Lesbisches Aktionszentrum LAZ reloaded e.V., c/o Christiane Härdel, Parallelstr. 28, 12209 Berlin.

Abschließen möchten wir mit einem (übersetzten) Zitat der Feministin und Richterin am US Supreme Court, Ruth Bader Ginsburg, die 2020 verstarb: „Die Entscheidung, ein Kind zu bekommen oder nicht, ist von zentraler Bedeutung für das Leben einer Frau, für ihr Wohlergehen und ihre Würde. Es ist eine Entscheidung, die sie selbst treffen muss. Wenn die Regierung an ihrer Stelle entscheidet, wird sie nicht wie ein erwachsener Mensch behandelt, der für seine eigenen Entscheidungen verantwortlich ist.“

Nachdem ein amerikanischer Lobbyverband (ACLU American Civil Liberties Union) das Zitat änderte, indem er das Wort „Frau“ mit „Person“ und „Mensch“ ersetzte, folgten großer Widerstand, dokumentiert durch führende nationale Tageszeitungen (New York Times 27.9.21), und eine Debatte über die „Auslöschung der Frau“. Lassen wir es nicht soweit kommen!

Autorin: LAZ reloaded ©

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