25. August 2021

Stellungnahme zum Bundestagswahlprogramm 2021 der Partei „BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN“

Die Grünen schaffen es, von einem 272 Seiten umfassenden Wahlprogramm den Frauen in zwei Kapiteln noch ganze sechs (!) Seiten zu widmen. Dabei scheuen sie sich nicht, Frauenthemen mit „Feminismus für alle“, „Queerpolitik“ und „Gleichberechtigung aller Geschlechter“ zu vermengen.

Was bleibt letztendlich für die Frauen übrig?

  • Die potentielle Verknappung von Ressourcen für Frauenhäuser zugunsten von Schutzräumen für Männer und  queeren Personen und
  • die Aufwertung von Prostitution als „legale Sexarbeit“.

Statt z.B. der Forderung nach einem Parité-Gesetz nehmen sog. „LSBTIQ*“-Rechte, d.h., von der Translobby vertretene „Transrechte“, einen großen Raum ein. Die Grünen wollen:

  • den Diskriminierungsschutz durch Erweiterung des Geschlechtsbegriffs (Art. 3 Abs. (3) Grundgesetz) verstärken;
  • „transfeindliche Beweggründe“ in einem zukünftigen Gesetz zum Thema „Gegen LSBTIQ* gerichtete Hasskriminalität“ etablieren;
  • ein Self-ID-Gesetz einführen. Das bedeutet die quasi-Abschaffung des Geschlechtseintrags im Standesamtsregister und die Legalisierung „geschlechtsangleichender Maßnahmen“ für Minderjährige.

In Kapitel 3, Unterabschnitt „Wir schaffen Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern“ (S. 109) geht es auf zwei Seiten um zu beseitigende Ungerechtigkeiten auf dem Arbeitsmarkt und bei der Steuer sowie um die anzustrebende wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen. Allerdings sucht frau Forderungen nach mehr Teilhabe im öffentlichen Leben, z.B. mittels Parité-Gesetzen, vergeblich:
So hinkt die Gleichstellung beider Geschlechter weiter hinterher.

In Kapitel 5, Unterabschnitt „Wir rücken Feminismus, Queerpolitik und Geschlechtergerechtigkeit in den Fokus“ (S. 188-193), in dem es überwiegend um (sexuelle) Selbstbestimmung geht, werden die Belange von Frauen mit denen von Minderheiten unzulässig vermengt. Ein Feminismus, der sich mit Queerpolitik arrangiert, wird zum „Queerfeminismus“ für alle. Das zeigen schon die in einem Atemzug verwendeten Worthülsen wie „Feminismus“, „feministische Regierung“, und Gleichberechtigung aller Geschlechter“.  Diese Sichtweise, welche sich mehr am „links-liberalen Mainstream“ orientiert, als Frauen- und Minderheiteninteressen klug auszutarieren, benachteiligt besonders lesbische Frauen, welche sowohl Teil der Frauen- als auch der Minderheitenpopulation sind.

Während es zunächst noch um „geschlechtsspezifische Gewalt“ geht, die vor allem Frauen betreffe und ein „strukturelles Problem“ sei, welche es mit vielerlei Maßnahmen zu bekämpfen gelte, wird es bei dem Thema „Frauenhäuser absichern“ zunehmend unklar, welches konkrete Schutzkonzept für Frauen den Grünen vorschwebt. Wenn neben schutzbedürftigen Frauen auch noch andere Gruppen berücksichtigt werden sollen, rückt das „strukturelle Problem“ der geschlechtsspezifischen Gewalt gegen Frauen in den Hintergrund: 80% der Opfer von häuslicher Gewalt sind Frauen, 17.000 Frauen pro Jahr suchen den Schutz von Frauenhäusern mit nur insgesamt 6.800 verfügbaren Plätzen auf. Anstatt, wie vom Europarat berechnet, 21.400 Plätze[1] für schutzsuchende Frauen zu fordern, bedeutet eine Bereitstellung von Schutzräumen auch für Männer und „queere Personen“ vermutlich eine weitere Verknappung der Plätze für schutzbedürftige Frauen.
Der Feminismus bleibt so auf der Strecke.

Das Programm befasst sich mit Menschenhandel, Zwangsverheiratungen, weiblicher Genitalverstümmelung und Prostitution, alles Themen, die überwiegend Frauen betreffen. Während die ersten drei Themenbereiche klare Aussagen zum Schutz der viktimisierten Frauen und Mädchen enthalten, plädieren die Grünen bei der Prostitution für „mehr Rechte und Schutz“ von Frauen „vor Stigmatisierung und Kriminalisierung“. Aber: Das „Prostitutionsschutzgesetz“, welches in Wahrheit ein „Zuhälterschutzgesetz“ ist[2], soll mit dem Ziel überarbeitet werden, „die Arbeitsbedingungen in der legalen Prostitution zu verbessern“. Prostitution wird verstanden als „Sexarbeit“:
Keine feministische Position.

Aus unserer Sicht ist „Sexarbeit“ ein gesellschaftliches Problem. Grundsätzlich lehnen wir sie als gewaltvolle, insbesondere und mehrheitlich die Frau entwürdigende Tätigkeit ab. Zur näheren Begründung verweisen wir auf die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes, für die die Abschaffung der Prostitution Programm ist (Propagierung des „nordischen Modells“ mit Verbot der Prostitution und Bestrafung der Freier).
Mit den Grünen darf Deutschland „der Puff Europas“ bleiben.

Nach dem obligaten Thema Schwangerschaftsabbrüche kommen die Grünen zu des Pudels Kern, nämlich „Queerfeindlichkeit bekämpfen“. Danach sollen „lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter* und „queere“ Menschen“ selbstbestimmt und diskriminierungsfrei ihr Leben leben können.“ Notorisch übersehen wird dabei:
Grundgesetzlich verbürgte Frauen- und damit Lesbenrechte stehen durchaus in Widerspruch zu von der Translobby vertretenen sog. „Transrechten“.

Die Grünen wollen „den Schutz von Menschen aufgrund ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität durch die Ergänzung des Artikels 3 Absatz 3 des Grundgesetzes sicherstellen“. Wir wissen, was mit dem „Schutz der geschlechtlichen Identität“ bezweckt wird: Eine Reduzierung des Schutzes der Rechte von Frauen auf Art. 3 Abs. (2) GG[3], während sexuelle Minderheiten den erweiterten Diskriminierungsschutz des Art. 3 Abs. (3) GG[4] erhalten sollen.[5]
Ist das „Feminismus“?

Ähnlich verhält es sich bei den Maßnahmen der Grünen zu „Gegen LSBTIQ* gerichtete Hasskriminalität“ insbesondere dem Antrag „Hass und Hetze gegen LSBTI wirksam bekämpfen“[6], zu dem LAZ reloaded Stellung genommen hat.[7] Die „transfeindlichen Beweggründe“, welche nach dem Willen von B90/Die Grünen zukünftig bei polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sowie bei der Strafzumessung berücksichtigt werden sollen, werden indes nicht ausgeführt und damit der beliebigen Interpretation anheimgestellt. Es ist zu befürchten, dass sich schon eine Frau z.B. wegen Beleidigung (§ 185 StGB) strafbar machen würde, die eine Änderung des Geschlechtsantrags durch Self-ID ablehnt, die Verbreitung der Transgender-Theorie an Schulen oder die Öffnung von Frauen- und Lesbenräumen für Männer (mit „weiblicher Geschlechtsidentität“) kritisch sieht.
Öffentlich geäußerte kritische Haltungen dazu sollen nach dem Willen der Grünen fortan strafbar sein.
Stehen die Grünen damit noch auf dem Boden unseres Grundgesetzes, z.B. was die Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. (1)  GG, betrifft?

Ganz abseitig wird es im nächsten Abschnitt „Selbstbestimmung garantieren, Transsexuellengesetz aufheben“. Self-ID und „Anspruch auf medizinische körperangleichende Maßnahmen (z.B. Operationen und Hormontherapien) wollen wir gesetzlich verankern…und die Kostenübernahme durch das Gesundheitssystem (gewährleisten).“

Der dieser Forderung zugrundeliegende grüne „Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Transsexuellengesetzes und Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes[8],[9] ignoriert u.a. die rechtlichen und tatsächlichen Konsequenzen dieser angeblichen „Transrechte“, nämlich das Geschlecht von der „Identität“ abhängig zu machen, gravierend: Der Verlust von geschützten und autonomen Frauen- und Lesbenräumen bis hin zur Unterwanderung alteingesessener Berliner Lesbenprojekte wie das RuT e.V. (Rad und Tat) und das Spinnboden Lesbenarchiv e.V. durch Transaktivisten, die Behinderung von lesbischer Identität und Sexualität und die Einschränkung von Meinungsfreiheit:
Ungestraft dürfen Lesben als Nazis und Rassistinnen beschimpft und von Veranstaltungen ausgeladen werden. Lesben werden stattdessen zum heterosexuellen Geschlechtsverkehr mit „Transfrauen“ via „Lady Stick“ genötigt:
Die (homo)sexuelle Selbstbestimmung wird zum Auslaufmodell.

Hinter dem „Anspruch auf medizinische körperangleichende Maßnahmen“ stehen junge Mädchen, die nicht nach geschlechtsstereotypen Rollenmustern leben wollen, und denen suggeriert wird, sie seien „im falschen Körper geboren“ und sollten sich die weiblichen Teile ihres Körpers herausschneiden lassen. Das wird dann „gesundheitliche Versorgung von Transmenschen“ genannt. Daran verdient vorrangig der medizinisch-pharmazeutische Komplex; die Mädchen hingegen werden verstümmelt und ihr Leben lang von Medikamenten (Hormonen, Schmerzmitteln, etc.) und auch Psychotherapien abhängig gemacht. Das Urteil des Londoner High Court (Keira Bell) vom 01.12.2020 ist in diesem Zusammenhang sehr erhellend.[10]

Dass die Grünen es mit der Gleichstellung der Frauen längst nicht mehr so genau nehmen, hat der saarländische Landesverband hinlänglich bewiesen. Trotz Frauenstatut hat sich ein Mann auf Listenplatz 1 wählen lassen (Hubert Ulrich).[11] Das „Furienstatut“, wie es Ulrich-Vertraute nennen, sei bereits bei den vergangenen drei Bundestagswahlen ignoriert worden.[12]

Die Grünen haben sich also von einer Partei, welche in der Vergangenheit die Gleichstellung der Geschlechter ernst genommen und praktiziert hat, zu einer sexistischen Mainstream-Partei entwickelt, die Männerrechten (wozu auch „Transrechte“ gehören) den Vorzug gibt.

Das ist kein Feminismus.

Die Frauen von LAZ reloaded e.V. erheben gegen diese unheilvolle Entwicklung bei den Grünen ihre Stimmen.

Berlin, den 24.08.2021, LAZ reloaded e.V.


[1] https://de.statista.com/themen/6635/gewalt-gegen-frauen/#topicHeader__wrapper

[2] Das Gesetz, an dem die Grünen während ihrer Regierungszeit auf Bundesebene maßgeblich mitgewirkt haben und das besonders die Bordellbetreiber begünstigt hat.

[3] „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

[4] „Niemand darf wegen seines Geschlechtes,… benachteiligt oder bevorzugt werden.“

[5] S. Replik zu Prof. Dr. Ulrike Lembke, HUB, Blog vom 11.12.2020

[6] BT-Drucksache 19/26886 vom 23.02.2021 https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/268/1926886.pdf

[7] S. Blog vom 07.05.2021.

[8] Gesetzentwurf von B90/Die Grünen zur „Selbstbestimmung“ (BT-Drucksache 19/19755 https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/197/1919755.pdf.

[9]  Stellungnahme von LAZ reloaded: S. Blog vom 03.11.2020.

[10] Quincy Bell, Mrs. A. vs. The Tavistock and Portman NHS Foundation Trust, Approved Judgment of The High Court of Justice, London [2020] EWHC 3274 (Admin), dated 01/12/2020 https://www.judiciary.uk/wp-content/uploads/2020/12/Bell-v-Tavistock-Judgment.pdf.

[11] https://www.tagesspiegel.de/politik/nach-langem-streit-ulrich-verzichtet-auf-spitzenkandidatur-bei-den-saar-gruenen/27418022.html

[12] https://www.tagesspiegel.de/politik/streit-um-nicht-zugelassene-landesliste-baerbock-droht-aerger-aus-dem-saarland/27476986.html

Autorin: Gunda Schumann ©

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